Das Solarpaket 1 der Bundesregierung steht kurz vor der Verabschiedung und verspricht weitreichende Erleichterungen für den Ausbau der Photovoltaik in Deutschland. Weniger Bürokratie, ein schnellerer Netzanschluss und neue Möglichkeiten sollen den Weg zu einer eigenen Photovoltaikanlage, insbesondere für Unternehmen, deutlich vereinfachen.
Weniger Bürokratie, mehr Photovoltaik
Die Bundesregierung hat sich das ehrgeizige Ziel gesetzt, bis 2030 eine installierte PV-Leistung von 215 Gigawatt zu erreichen. Das Solarpaket 1 könnte hierbei eine entscheidende Rolle spielen, vorausgesetzt, die beschlossenen Erleichterungen werden im großen Maßstab genutzt. Besonders der Gewerbe- und Industriesektor, der über zahlreiche ungenutzte Flächen verfügt, könnte von diesen Neuerungen profitieren. Laut dem Solarcluster Baden-Württemberg besteht allein in diesem Bundesland ein Photovoltaik-Dachflächenpotenzial von rund 36 Milliarden Kilowattstunden jährlich, wovon etwa 30,6 Prozent auf Gewerbe und Industrie entfallen.
Das Solarpaket 1 sieht unter anderem vor, die bürokratischen Hürden bei der Anmeldung einer Photovoltaikanlage deutlich zu reduzieren. Die technischen Netzanschlussbedingungen sollen vereinheitlicht und die Grenze zur Pflicht einer Anlagenzertifizierung von 135 Kilowatt auf mehr als 270 Kilowatt Einspeiseleistung oder mehr als 500 Kilowatt Anlagenleistung angehoben werden.
Der zögernde Industriesektor
Während die Nachfrage nach Solarstrom im privaten Sektor stark gestiegen ist, bleibt das Interesse bei Gewerbe- und Industrieunternehmen oft verhalten. Der Industriesektor ist mit 43 Prozent der größte Stromverbraucher in Deutschland und verursacht rund ein Viertel der CO2-Emissionen. Dennoch zögern vor allem kleine und mittelständische Unternehmen, Photovoltaikanlagen zu installieren. Hauptgründe sind die hohen bürokratischen Hürden sowie komplexe regulatorische Vorgaben. Jeder Netzbetreiber hat meist eigene Formulare und Online-Tools, die für Laien oft schwer verständlich sind, was die Anmeldung und Inbetriebnahme von Solaranlagen verkompliziert.
Technologische Innovationen und Wirtschaftlichkeit
Photovoltaikanlagen bieten langfristig erhebliche Einsparungen bei den Stromkosten und erhöhen die Unabhängigkeit von Energieversorgern. Besonders bei hohen Grundlasten ist der Eigenverbrauch des produzierten Solarstroms attraktiv. Die Kombination mit Batteriespeichern oder Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge kann den Eigenverbrauch weiter erhöhen und die Effizienz steigern.
Die Wirtschaftlichkeit von Photovoltaikanlagen hängt von verschiedenen Faktoren wie Anlagengröße, Investitionskosten und Eigenverbrauch ab. Gut geplante und ausgeführte PV-Anlagen auf gewerblichen Dächern amortisieren sich oft nach sieben bis zehn Jahren, mit Stromgestehungskosten zwischen sechs und zehn Cent pro Kilowattstunde. Technologische Innovationen und zunehmender Wettbewerb führen zu sinkenden Komponentenpreisen und steigender Leistungsfähigkeit, was die Wirtschaftlichkeit weiter verbessert. Staatliche und kommunale Förderungen sowie Zuschüsse schaffen zusätzliche Anreize.
Praktische Beispiele und Vorbildfunktion
Einige Unternehmen haben bereits erfolgreich große Photovoltaikanlagen umgesetzt und liefern wertvolle Beispiele für noch zögernde Bauherren. So hat die Pfalzmarkt für Obst und Gemüse auf dem Dach ihres Logistikzentrums eine 3,2 Megawatt-Anlage installiert, die eine Eigenverbrauchsquote von 96 Prozent erreicht und den Netzbezug um 19 Prozent reduziert. Der international agierende Großhändler Heo betreibt auf seinem Campusgelände in Herxheim eine 1,1 Megawatt-Anlage und plant eine Erweiterung auf 1,6 Megawatt. Diese Projekte zeigen, dass Photovoltaikanlagen auf großen Flächen wirtschaftlich attraktiv sind.
Handeln aus Überzeugung
Um das Ziel von 215 Gigawatt installierter PV-Leistung bis 2030 zu erreichen, müssen Gewerbe- und Industrieunternehmen deutlich stärker in Photovoltaik investieren und verfügbare Flächen nutzen. Photovoltaik kann nicht nur auf Dächern, sondern auch an Gebäudefassaden angebracht werden. Neben den Vorteilen für den Klimaschutz und die Energiekosten verbessert eine PV-Anlage auch das ESG-Konto eines Unternehmens.
Der Photovoltaikausbau benötigt neben gesetzlichen Rahmenbedingungen und Förderungen auch Eigeninitiative. Besonders die deutsche Industrie als großer CO2-Emittent trägt eine besondere Verantwortung. Unternehmen sollten aus Überzeugung handeln, um den größtmöglichen Nutzen für sich selbst und die Umwelt zu erzielen. Nur so kann der Photovoltaikboom fortgesetzt und Deutschland seinen Klimazielen näherkommen.