Angesichts des großen Drucks, die Energiewende voranzutreiben, bleiben viele Fragen zur genauen Umsetzung offen. Das VDE FNN reagiert darauf, indem es aktuell die Technischen Anschlussregeln (TAR) für Erzeugungsanlagen, Verbrauchsanlagen und Speicher mit Schwerpunkt auf die Niederspannung überarbeitet. Ergänzt werden diese Regeln durch praktische Hilfen zur Umsetzung, um die neuen Netzanschlussvorgaben einfacher und schneller in die Praxis umzusetzen.
Dr. Joachim Kabs, Vorstandsvorsitzender des VDE FNN und Geschäftsführungsmitglied der Bayernwerk Netz GmbH, betont: „Die Energiewende bewirkt tiefgreifende Veränderungen auf allen Ebenen des Netzes. Insbesondere in den Verteilnetzen ist es aufgrund der Integration von Millionen dezentralen Erzeugern, Speichern und neuen Verbrauchern durch die Elektrifizierung von Wärme und Mobilität notwendig, mehr Klarheit zu schaffen – sowohl beim Netzanschluss als auch bei der zukünftigen Rolle und den steuerbaren Eigenschaften der Kundenanlagen, um die Systemstabilität zu gewährleisten. Aus diesem Grund sind die Technischen Anschlussregeln (TAR) des VDE FNN so wichtig für den Erfolg der Energiewende und die Versorgungssicherheit. Wir befinden uns bereits inmitten dieser Veränderungen. Um sicher und schnell unser Ziel zu erreichen, müssen wir auf allen Ebenen aktiv werden.“ Die aktualisierten VDE Anwendungsregeln werden bald konsultiert und sollen im Jahr 2025 in Kraft treten.
Lösung 1: Schneller anschließen – auch bei nicht ausreichender Netzkapazität
Bisher mussten Photovoltaikanlagen den größten Teil ihrer erzeugten Leistung ins Netz einspeisen. Die Neufassung der VDE-Anwendungsregel für Erzeugungsanlagen am Niederspannungsnetz erweitert nun den Handlungsspielraum für Kunden. Dank der Überwachung der Einspeisung können künftig auch Anlagen angeschlossen werden, die aufgrund begrenzter Kapazitäten zeitweise oder dauerhaft nur einen kleinen Teil oder gar nichts ins Netz einspeisen. Wenn eine Photovoltaikanlage mehr Strom produziert, als benötigt, kann dieser für den Eigenverbrauch verwendet oder die Leistung reduziert werden. „So können Endkunden auch bei begrenzter Netzkapazität ihre Energiekosten senken und einen aktiveren Beitrag zur Energiewende leisten“, erläutert Dr. Joachim Kabs.
Lösung 2: Weniger Bürokratie – Anlagen bis 500 kW ohne Zertifikat ans Netz bringen
Erzeugungsanlagen und Speicher mit einer installierten Leistung zwischen 135 kW und 500 kW werden sowohl an das Niederspannungs- als auch an das Mittelspannungsnetz angeschlossen. Mit der Novellierung der NELEV im Rahmen des Solarpakets I können diese Anlagen seit Mitte Mai über ein vereinfachtes Verfahren ans Netz gehen. Dieses Verfahren orientiert sich an dem für kleinere Anlagen im Niederspannungsbereich üblichen Nachweisverfahren, wodurch das Anlagenzertifikat und der Konformitätsnachweis entfallen. Das Verfahren wird durch die neue VDE-Anwendungsregel für Erzeugungsanlagen am Niederspannungsnetz präzisiert. Früher mussten die elektrotechnischen Eigenschaften dieser Anlagen unabhängig von der Anschlussspannungsebene nach der TAR Mittelspannung nachgewiesen werden.
Darüber hinaus hat das VDE FNN bereits im März eine Umsetzungshilfe zu den geänderten Verordnungen NELEV und EAAV veröffentlicht, die die grundlegenden Rahmenbedingungen klärt. Die Umsetzungshilfe erläutert Anforderungen und Nachweise, beschreibt das Zertifizierungsverfahren und bietet Hinweise für das Vorgehen während der Übergangszeit sowie praktische Beispiele.
Lösung 3: Prozesse für Netzanschlussbegehren vereinheitlichen
In Deutschland organisieren etwa 900 Verteilnetzbetreiber die Netzanschlussanfragen und -anschlüsse in ihren jeweiligen Gebieten. Ab dem 1. Januar 2025 ist geplant, dass Anschlussanfragen landesweit standardisiert und digitalisiert werden. Das VDE FNN wird ein standardisiertes Datenset bereitstellen, welches die erforderlichen Daten für die Antragstellung, wie zum Beispiel zu Verbrauchs- und Erzeugungsanlagen, umfasst. Dieses Datenset dient als Basis für alle Verteilnetzbetreiber zur Erstellung ihrer Webportale. Mit standardisierten Informationen können Anträge in Zukunft schneller und digital verarbeitet werden.
Quelle: EW