Etwa elf Millionen Haushalte, oder 27 Prozent, haben in den letzten zwei Jahren ihren Stromanbieter gewechselt, was einem Anstieg der Wechselaktivität um 29 Prozent seit 2020 entspricht. Ein Umzug war für etwa ein Viertel dieser elf Millionen der Grund für den Abschluss eines Vertrags mit einem neuen Energieanbieter. Bei 42 Prozent waren erhöhte Energiepreise und bei 30 Prozent regelmäßige Vertragsprüfungen der Hauptanlass für den Wechsel zu einem neuen Energieversorger. Zusätzlich haben 3 Millionen Haushalte (7%) ihren Stromvertrag bei ihrem aktuellen Anbieter geändert, meist aufgrund gestiegener Energiepreise oder dem Ende der Vertragslaufzeit. Diese Informationen stammen aus der Sirius Campus Marktuntersuchung „Monitor zur Energiewende – Highlight Angebotsstrategien für dynamische und herkömmliche Stromtarife“, basierend auf einer repräsentativen Online-Umfrage unter 1.159 Haushalten im März 2024.
Sparmotiv dominiert
Die Mehrheit (59 %) der aktiv Wechselnden, die mindestens nach neuen Angeboten Ausschau gehalten haben, strebt mit dem Wechsel des Stromvertrags vorrangig eine Kostenersparnis an. Tatsächlich gehören rund ein Drittel (36 %) der Wechsler zu den „Eigenständigen“ innerhalb der Select-Typen – einer Typologie des Entscheidungsverhaltens im Energiemarkt. Das Sparmotiv ist bei den Eigenständigen mit 86 Prozent besonders ausschlaggebend für ihr Such- und Entscheidungsverhalten. Gemessen an ihrem Marktanteil von 19 % wechseln Eigenständige überdurchschnittlich oft ihren Tarif, durchschnittlich einmal alle vier Jahre. Die service- und beratungsorientierten Select-Typen, die „Partner“, stellen nur 3 Prozent der Wechsler dar, obwohl sie einen Marktanteil von 15 Prozent besitzen. Die preisbereiteren und treueren „Partner“ sind oft Kunden bei Stadtwerken und Gemeindewerken.
Qualitätsbewusste Gründe für den Anbieterwechsel, wie längere Preisgarantien (16%), Engagement für den Klimaschutz (10%) und die Qualität von Service und Beratung (6%), werden insgesamt eher selten von wechselwilligen Kunden genannt. Dennoch zeigen sich für verschiedene Kundentypen spezifische Vorlieben. „Optimierer“ legen häufig Wert auf längere Preisgarantien, klimaneutrale Tarife und besondere Zusatzservices. Partner bevorzugen eine hohe Servicequalität und die Möglichkeit zu persönlicher Beratung. Aufgrund ihrer Bodenständigkeit sprechen sie auch auf Werbung lokaler Anbieter an. „Stufenweise Angebote ermöglichen es, die verschiedenen Erwartungen der Kundengruppen gezielt zu erfüllen. Oftmals erfolgt dies jedoch zu simpel entlang der Vertragslaufzeit und Preisgestaltung, ohne die Service- und Beratungsleistungen zu differenzieren“, merkt Dr. Oliver Gaedeke, Gründer und Geschäftsführer von Sirius Campus, an.
Ein weiteres Motiv: die private Energiewende
Häufig entscheiden sich Haushalte aus kleineren Städten, die von jüngeren Entscheidungsträgern bis 50 Jahre mit höherem Einkommen und einem überdurchschnittlichen Energieverbrauch pro Kopf geführt werden, für einen Anbieterwechsel. Besonders interessant ist der Zusammenhang zwischen der Wechselbereitschaft und Haushalten, die Ziele der Energiewende verfolgen: Haushalte, die innerhalb der nächsten fünf Jahre eine energetische Sanierung planen, insbesondere Maßnahmen zur Stromerzeugung oder -einsparung, und die grundsätzlich optimistisch gegenüber der Energiewende eingestellt sind, zeigen eine höhere Wechselaffinität.
„Die Diskussion über Energiesparen im Haushalt beschränkt sich nicht nur auf den Stromtarif, sondern umfasst auch andere Aspekte der privaten Energiewende. Sei es durch Isolierung, den Einsatz von Wärmepumpen oder Photovoltaikanlagen, diese Haushalte sind bereit, in Energiesparmaßnahmen zu investieren und glauben an die Umsetzbarkeit der Energiewende in Deutschland“, erklärt Gaedeke die Zusammenhänge. „Content-Marketing, das sich mit der Energiewende befasst, und Angebote für Energieeffizienzdienstleistungen bis hin zu Photovoltaik- und Wärme-Contracting bieten Energieversorgern nicht nur eine solide Marktstrategie, sondern stärken auch ihre Position im kontinuierlichen Geschäft mit Stromwechseln“, führt Gaedeke weiter aus.
Dynamische Stromtarife sind für 1,1 Million Haushalte hochattraktiv
Lediglich drei Millionen (8%) der Haushalte haben sich mit dynamischen Stromtarifen auseinandergesetzt, die variable Arbeitspreise je nach Angebot beinhalten. Ein weiteres Drittel (37%) ist über solche Tarife informiert. Kunden erkennen neben der Möglichkeit zur Kosteneinsparung auch Vorteile in der Kontrolle von Kosten und Verbrauch sowie in der Effizienz. Allerdings sehen sie Nachteile im Risiko von Preisschwankungen, weshalb Tarife mit Preisgarantien bevorzugt werden. Für das Jahr 2025 zeigen 2,8 Prozent oder 1,1 Millionen Haushalte ein sehr hohes Interesse am Abschluss eines dynamischen Stromtarifs.
„Energieversorger verfolgen unterschiedliche Ansätze beim obligatorischen Angebot eines dynamischen Tarifs. Während manche Stadtwerke darauf abzielen, alle ihre Kunden in die dynamische Netzsteuerung einzubinden, bieten andere Energieversorger eher abschreckende Konditionen für dynamische Tarife an“, beobachtet der Geschäftsführer von Sirius Campus. Weitere Details zu dieser Marktstudie und einem Markt-Simulations-Tool zur Überprüfung neuer Angebotsstrategien für dynamische und traditionelle Stromtarife sind verfügbar.